Meine Begegnung mit Jordan Peterson

Nachdem ich die Arbeit von Jordan Peterson, der als “einflussreichster öffentlicher Intellektueller der westlichen Welt” bezeichnet wurde (“The Jordan Peterson Moment”. New York Times) über die Jahre interessiert verfolgt habe, hatte ich letzte Woche die Möglichkeit ihm bei einem Vortrag hier in Zürich live zuzuhören. Und habe ihn im Anschluss auch kurz persönlich getroffen. Das war eine bemerkenswerte Begegnung für mich aus vielerlei Hinsicht.

Meister der Rhetorik

Man mag denken was man will über ihn – aber er ist einer der wenigen, die öffentlich das sagen was sie wirklich denken ungeachtet jeglicher Konsequenzen. Ohne Selbstüberhöhung immer offen für andere Perspektiven und Argumente, keinerlei öffentliche Debatte scheuend. Auf einem unglaublichen rhetorischen Niveau.

SPRACHE als WirkKRaft

Er ist ein Meister der freien Rede und man merkt, dass jedes einzelne Wort mit Bedacht gewählt ist und aus tiefer Selbstreflektion erfolgt.

“Wenn ich nicht sagen kann, was ich denke, kann ich nicht denken.”

Jordan Peterson

In seinem Vortrag berichtet Jordan dass er irgendwann gemerkt habe, dass bestimmte Worte ihn schwächen, andere ihn stärken. Daraufhin habe er begonnen zu versuchen nur noch auszusprechen, was ihn stärkt. Dass er seine Wahrheit aus tiefer Überzeugung spricht ist spürbar: Jedes Wort trägt eine immense Kraft und Urgewalt. (Mehr über den Zusammenhang zwischen Sprache & Kraft hier.)

In Zeiten der extremen (Selbst-) Zensur macht er immer wieder eindringlich und drastisch auf den Zusammenhang zwischen eigenem (sprachlichen) Ausdruck und der eigenen Selbstentdeckung aufmerksam.

“Wenn du nicht sagst, was du denkst, dann tötest du dein ungeborenes Ich.”

Jordan Peterson

Gleichwohl ist er in der persönlichen Begegnung ungemein sanft, freundlich, herzlich und emphatisch. Die Dimension seiner Hingabe und Bedeutungstiefe sind über die menschliche Projektionsfläche hinaus wahrnehmbar.

Orientierung durch Gradlinigkeit

Ein eindrucksvoller Mann – vor Allem weil er auf der einen Seite vielen Menschen durch seine Ausrichtung und Klarheit Orientierung bietet. Er adressiert die in unserer Gesellschaft existierende aber verdrängte Negativität knallhart und stellt sich ihr – ohne falsche Nettigkeit. Immer den tatsächlichen Ursachen auf der Spur: Für Selbstverantwortung, Integrität und eigenständiges Denken. Und schafft hierdurch vielen Halt.

Auf der anderen Seite bietet er sich dadurch der Gesellschaft ebenso als Trigger und Projektionsfläche für den (Selbst-) Hass vieler tief traumatisierter Menschen an, die glauben im Ändern externer Bedingungen (Gendersprache, Gleichmacherei, Globalismus usw.) die Lösung zu finden – statt in sich.

“Man kann nur herausfinden, was man tatsächlich glaubt (und nicht, was man zu glauben glaubt), indem man beobachtet, wie man handelt. Vorher weiß man einfach nicht, was man glaubt. Sie sind zu komplex, um sich selbst zu verstehen.”

Jordan Peterson

Aus meiner Sicht ‘dient’ er insofern wissentlich zweierlei gesellschaftlichen Gruppen: Den einen bewusst als Vorbild mit Orientierung, den anderen unbewusst als Katalysator für unterdrückten (Selbst-) Hass.

Standfestigkeit

Er bietet simple (definitiv nicht einfache) Regeln (Buch: 12 Rules for Life) zur Orientierung an, die er glaubhaft verkörpert.

12 Regeln für das Leben

  1. Stehen Sie aufrecht mit den Schultern nach hinten
  2. Behandeln Sie sich selbst wie jemanden, für dessen Hilfe Sie verantwortlich sind
  3. Schließe Freundschaften mit Menschen, die das Beste für dich wollen
  4. Vergleichen Sie sich mit der Person, die Sie gestern waren, nicht mit der Person, die jemand anderes heute ist
  5. Lassen Sie Ihre Kinder nichts tun, was Ihnen missfällt
  6. Bring dein Haus in Ordnung, bevor du die Welt kritisierst
  7. Verfolgen Sie das, was sinnvoll ist (nicht das, was zweckmäßig ist)
  8. Sagen Sie die Wahrheit oder lügen Sie zumindest nicht
  9. Gehen Sie davon aus, dass die Person, der Sie zuhören, etwas weiß, was Sie nicht wissen.
  10. Seien Sie präzise in Ihrer Rede
  11. Belästigen Sie Kinder nicht, wenn sie Skateboard fahren
  12. Streichle eine Katze, wenn du ihr auf der Straße begegnest

Und aus dieser Verkörperung erwächst eine immense Standfestigkeit und Integrität. Gleichwohl weißt er, und das wiederholt er mehrmals, explizit daraufhin, dass er sich des eigenen Unwissens und der Begrenztheit des Intellekts bewusst ist.

Unsere Weltbilder unterscheiden sich. Aber diese Hingabe, Integrität und Tiefe haben mich tief beeindruckt. Jordan ist ein Mensch, der definitiv zum Denken anregt. Und vorbildhaft inspiriert - ohne Kompromisse - die eigene Wahrheit zu finden, zu leben und zu kommunizieren.

Ein Beispiel seiner Sprachkunst

Dieses Video ist zwar schon etwas älter, aber nichtsdestotrotz inspirierend und relevant. Jordan sagt genau was er denkt und steht zu dem, was er für richtig und wahr hält – ungeachtet der Konsequenzen. Und er artikuliert seine Position auf eine Weise, die nicht nur unlogisches Denken entlarvt, sondern auch die Ignoranz von Autoritäten und Politikern demontiert. Ein großartiges Vorbild in Sachen Integrität und Rhetorik.

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