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Danke Mama – prägende Zeilen

Mama – Ich hab dich gehasst,
Viele Jahre gemieden, gechasst,
Aufgegeben,
verdrängt aus meinem Leben.
Zu groß war der Schmerz
In meinem Herz. Zu viel Abwertung.
So groß die Sehnsucht 
nach Liebe, Anerkennung
Zuflucht – und Geborgenheit.
Wo warst du? – Ich war es Leid!
Abgehauen bin ich, 
als ich konnte – bitterlich
Es ging mir gegen den Strich.
Mein eigenes Ding machen, endlich unabhängig sein,
Frei sein, von dir. Allein.

So wollt’s ich, doch so kam’s nich’.
Keineswegs.
Krebs.

Papa – Ich hab dich gehasst,
Gefürchtet lange Zeit. 
Unnahbar, distanziert, kalt – schreit
Es damals aus mir – verachtet hab ich dich.
Herablassend und fälschlich christlich,
Wollte ich mit dir nichts mehr zu tun haben! Fertig
war ich mit dir. Endlich frei sein, 
weg vom falschen Schein.

Und dann stellst du dich wieder
in den Mittelpunkt. Zuwider.

Krebs. Die Diagnose.
Hoffnungslose Prognose.

Die Gefühle brachen aus.
Lange gemieden, scheinbar weit entfernt versteckt,
Vergessen, explodierten sie aus mir raus:
“Eine scheiß Kindheit hatte ich!” – brutal geweckt,
Der Schmerz schoss empor.
offenbarte sich. Der Tumor sticht, 
Ohne Rücksicht, direkt ins Gesicht.
Schwer, dunkel, roh, 
Überfordernd, lichterloh,
Ohne Kontrolle wie ein Vulkan rasant,
Schonungslos, die dürre Oberfläche abgebrannt.

Die Woche bevor du starbst,
Das erste Mal seit meiner Kindheit,
War es schön zuhause zu sein. Befreit.
Ein Erwachen aus der Blindheit,
So unbekannt, verwunderlich und fragil:
Ohne stolze Oberfläche 
Waren wir einfach da. In Schwäche,
Besiegt, offen, ehrlich, verletzt
In unseren Wunden, freigesetzt.
Ich war wieder angekommen. Verbunden.
Wir hatten Frieden gefunden.

Krebs. Erster Weckruf: Papa?

Krebs. Zweiter Weckruf: Opa.

Krebs. Dritter Weckruf: Onkel.

Jedes Mal aufs Neue, harte Schalen zerstörend.
Mit dem Stahlbesen Verkrustungen aufreißend.
Jeden Widerstand knallhart brechend, empörend,
Beschwörend Unterdrückung freisetzend. Beißend.
Verschleißend.

Wie ein Domino den nächsten auslösend – endlos?
Unverständlich, zerstörerisch, sinnlos?
Eine Falle, als tickende Bombe für uns alle,
Unausweichlich programmiert?
Oder als Weckruf an uns alle adressiert?

Krebs. Vierter Weckruf: Mama.

Ich konnte es nicht fassen, war zornig, Hass,
war wütend, bitterböse, Tränen nass,
Wie kannst du nur? Was sollte das?
Hattest du es nicht begriffen?
Auszuweichen, diesen Angriffen!
ICH hatte mein Leben geändert: Gesundheit, meine Religion.
Krebs war keine Option!
Gesundheit, Stress, Emotion,
alles optimiert & kontrolliert,
Hatte ICH reagiert.
Ich wollte leben! Befreit sein von Leid!
“Aufwachen!!” Verständnislos 
und voller Ärger, wollte ich dich bekehren! Rigoros
Verpflichtung erfüllend – mein gefühlskalter Vorstoß:
“Verantwortung! Gesundheit! Veränderung!” Herzlos
Die Stichworte, die ich dir vorwarf.
Hemmungslos, an die Stirn knallte. Scharf.

Und dann in einem Stück,
zog ich mich zurück.
Unerträglich. Überfordert. Abgerafft.
Fehlte mir die Kraft. 
Mich zu wehren, dich zu bekehren.
Letztlich, den Schmerz zu ertragen. 
Meinen. – Ich war geschlagen.

Ich ließ dich allein. Und stoß mich los.
Ein getrennter Neubeginn.
Aber auch dich frei. So zu sein, wie du bist. 
Und mich so zu sein, wie ich bin.
Mit allen Macken, Dramen, Zwist,
Scheinbar unterschiedlich, unabhängig, 
Imperfekt. Komplett menschlich.

Die Intention.

Wir sahen uns wenig. Karg, 
redeten wir kaum. Etwas starb.
Doch gleichzeitig begann zart, kaum
merklich etwas zu entstehen: Freiraum.
Von Verpflichtung, Schuldgefühlen, Erwartung.
Und dies beginnt, Verständnis zu schaffen. Rückenwind.
Für dich. Für mich. Zu sein, wie wir sind.

Krebs. Fünfter Weckruf: Tante.

Lange getrennt. Verbittert.
Vollkommen ok. Vergebung gewittert.
Uns neu kennenlernend.
In Freiheit. Wunderschön. Wärmend.

Krebs. Sechster Weckruf: Onkel.

“Liebe, die sich nicht überwinden lässt, überwindet alles.
Mögen diese Zeilen dein Leben prägen.”

Hast du mir vor 30 Jahren in mein Tagebuch mitgegeben.
Langsam beginne ich die Einladung zu verstehen.
Als Weckruf bedingungslos zu leben.
Zu lieben. Und unter der Oberfläche – zu sehen.

Die Liebe die du bist und immer gibst.

Ich bin dankbar für diese Prägung,
bereit für den Sprung.
Und freu mich auf die neue Zeit.
Gemeinsam in Freude und Freiheit.

Danke für Alles Mama. ❤️
In Liebe, Simon.

Simon am 7. Mai 2023



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